Meine Geschichte – Kapitel 1

von | Nov 23, 2018 | Meine Geschichte | 0 Kommentare

Willkommen zu meinem Blog. In den kommenden Monate möchte ich Ihnen einen Teil meines Lebens nahe bringen. Den Teil, über den ich noch nicht geschrieben habe. Was Sie lesen werden wird möglicherweise Fragen aufwerfen. Bitte zögern Sie nicht, mir Ihre Fragen zu stellen über: tjvdweele@gmail.com.

 

Beratung in der Röm. Katholischen Kirche mit dem “Machtvollen Frieden Gottes”

 

Ein zeitlebens evangelischer Christ wird römisch-katholisch.

Lord

Einleitung:
Seit der Abfassung meines Buches „Schluss mit dem Schweigen“ hat sich viel getan. Solltet ihr es nicht gelesen haben, kann das, was ich jetzt schreibe, helfen, meine Gedanken und Gebete für verletzte Menschen vor allem in der römisch-katholischen Kirche besser zu verstehen. Wenn Sie jedoch das Buch gelesen haben, sind Sie möglicherweise ein Protestant, der von meinem Übertritt in die röm.-kath. Kirche gehört hat. Ich weiß, dass er einigen Aufruhr ausgelöst hat. In den vergangenen acht Jahren bin ich eher still gewesen und weit weg vom prüfenden Blick der Öffentlichkeit. Das war notwendig, denn ich brauchte Zeit, um alle Veränderungen in meinem Leben zu verarbeiten. Was hat mich als lebenslang evangelischer Missionar und Pastor, Bibelschullehrer und Berater bewogen, römisch-katholischer Diakon zu werden? Fürs Erste: Ich bin kein Gegner des Protestantismus (kein „Anti-Protestant“). Das Gegenteil ist wahr. Ich bin sehr dankbar für die evangelische Kirche. Was ich bin, bin ich, weil mich meine Eltern und Großeltern mit ihren Gebeten ins Reich Gottes geführt haben. Dankbar bin ich:

 

  • für die Menschen, die an meine Berufung geglaubt, Zeit und Geld für meinen Dienst  geopfert haben,
  • für das Theologiestudium in der Bibelschule „de Heerdershof“ (Niederlande), im ICI in Brüssel (Belgien) und im Fuller  Theological Seminary in Pasadena (USA).
  • für viele Menschen, die mit mir Zeit verbrachten, um ihre Erfahrungen mit Gott mit mir zu teilen,
  • für die vielen verschiedenartigen Einblicke, die ich bekam.

  Zeitweise war es auch ein Ringen darum, was zu glauben ist, denn in der Evangelischen Kirche kann jeder das glauben oder nicht (glauben), was er als persönliche Erfahrung für richtig erachtet. In diesem Dschungel von Gedanken und dogmatischen Aussagen hat Gott mir geholfen, einen Weg zu finden, mit dem ich einigermaßen leben konnte.

  

Ich bin berührt vom Vertrauen, das mir Hunderte von Menschen (zum Großteil traumatisiert) geschenkt haben. Sie teilten mir mit, was hilfreich war in meiner Beratung und was nicht. Der alleinige Grund, in die römisch-katholische Kirche einzutreten, war der direkte Ruf des Herrn an mich. Das ist es, ganz einfach. Dieser Ruf erreichte mich am Ende meiner Lebens Strecke, im Alter von 73 Jahren,  sozusagen in der Abschlussrunde meines Laufes durch das Leben. Es handelte sich um eine Stimme, die ich sofort erkannte, da es zwei Mal in meiner Vergangenheit vorgekommen ist, IHN wirklich mit eigenen Ohren vernommen zu haben. Es war die Stimme dessen, dem ich so viele Jahre gedient hatte. Mehr darüber später. Rückblickend kann ich Gottes Hand in dem erkennen, wie mein Leben sich entwickelt hat. Mein Dienst an den Überlebenden von sexuellem Missbrauch begann in den späten sechziger Jahren in Thailand. Gott gab mir zu verstehen, auf welche Weise ich ihnen helfen konnte. Am Ende der achtziger Jahre hatte ich Dr. Vibeke Möller im Hospital Christian Fellowship in Dänemark getroffen. Sie hat mich eingeladen, ihr und interessierten Menschen in Situationen von Missbrauch über die Beratung zu erzählen.

 

Auf die Bitte hin, ein Buch zu schreiben, legte ich einen Entwurf auf Englisch vor, der ins Dänische übersetzt werden konnte. Darin sprach ich über meine Begegnung mit Gottes machtvollem Frieden, der auch heilen kann, was der Körper noch erinnert, auch wenn unser Verstand vergessen hat, warum wir hin und wieder manches Unverständliche tun. Das Buch „Schluss mit dem Schweigen“ schrieb ich in den Jahren 1990-1991 als praktizierender Berater. Ich arbeitete nämlich in einer christlichen Umgebung mit erwachsenen Überlebenden, die in ihrer frühen Kindheit sexuellen Missbrauch erlebt hatten. Es ging um meine Erfahrungen von 1970-1990. Zu dieser Zeit hatten professionelle Berater sexuellen Missbrauch kaum wahrgenommen. Ein Psychiater sagte mir 1977, dass es einige Fälle vielleicht gäbe, aber er hätte nie welche getroffen. Jetzt wissen wir mehr über diese schmerzvolle Wirklichkeit.

 

Ich schrieb über

  • meine Beobachtungen anhand einiger Fallstudien (1),
  • das, was die Bibel dazu sagt, und
  • wie diese biblischen Prinzipien mit den psychologischen Grundlagen, wie sie sich uns aktuell darstellen, vereinbar sind (2).

Während das Wissen über die „Neuroplastizität“ des Gehirns noch nicht vorhanden war, stellte ich schon in den siebziger Jahren fest, dass der Herr mich zur „Arbeit mit dem Körper“ führte. Ich fühlte mich angeleitet, besonders für das Gehirn zu beten. Das ging aus der Schlussfolgerung hervor, dass traumatische Ereignisse in der frühen Jugend im Gehirn eine Art Spur von Rückständen hinterlassen. Solche Fakten von Traumata mögen „vergessen“ sein, aber das Empfinden auf emotionaler Ebene ist noch da. Ein Teil ihrer Reaktionen blieb in dem Alter erhalten, als die „Narbe“ entstand. Ich bemerkte auch, dass uns Stress gewöhnlich in einem emotional jüngeren Alter reagieren lässt. Darin lag für mich auch eine Erklärung, warum verheiratete Eheleute in Stresssituationen einander wie kleine Kinder behandeln. Ebenso stellte ich fest, dass Menschen schneller heil werden, wenn sie physisch zur Ruhe kommen.

Die Christen hatten durch die Jahrhunderte Teil am Frieden Gottes. Das half den Menschen, auf emotionaler, mentaler und spiritueller Ebene zu wachsen. Zu guter Letzt wurden in Psychiatrie und Psychologie in den vergangenen 200 Jahren moderne Begriffe eingeführt. Die Kirche hatte die schwierige Aufgabe, den vielen traumatisierten Menschen in den fast 2000 Jahren zu helfen. Die regelmäßige Beichte und die Vollmacht der Zusage, dass ihnen vergeben wird, ist nur eine der ansprechenden Seiten der römisch-katholischen Kirche. Als Protestant stellte ich fest, wie diese Narben nachwirkten oder heilten, wenn ich den Frieden Christi teilte. Ich lernte auf das zu hören, was die einzelnen Teile des Körpers den Klienten und/oder mir sagten.

Ich spürte, wie Gott mich führte, das Gehirn zu segnen: 

  • die beiden Seiten (jetzt weiß ich um die Bedeutung der Amygdala als Sitz der Emotionen),
  • die „Brücke zwischen den Gehirnhälften“, die den rechten mit dem linken Teil verbindet,
  • die Gesichtsmuskeln, die Nase, die Hände und die Haut wie auch die Wirbelsäule,
  • die Eingeweide und die Füße, und
  • Gute Worte „in Jesu Namen“(3) dem Hilfesuchenden zuzusprechen, ganz besonders jenen Körperteilen, die traumatisiert wurden.

 

Vorbereitung zum Dienst

 Wie bin ich zu all dem gekommen? Ich hatte eine zweijährige Bibelschule abgeschlossen, bevor ich 1963 als Missionar nach Thailand ging. Ich wurde in 1965 von The Christian and Missionary Alliance (C.&M.A.) zum Pastor geweiht.

In Thailand traf ich Leprakranke. Ihre Krankheit war damals genauso gefürchtet wie Aids heute. Als ich mit Berichten über sexuellen Missbrauch in Berührung kam, warf das viele Fragen auf, gab mir jedoch auch so manche Antworten. Nach der Rückkehr in die Niederlande 1975 unternahm ich weitere Studien (1977-1980) an der ICI in Brüssel, Belgien, und erhielt den Bachelor (B.A) in Bibel und Theologie. Dann folgten die Studien an der Fuller Theological University in Cross-Cultural Studies in Pasadena (USA), wo ich 1986 meinen Master (M.A.) machte. Das waren schwierige Jahre, in denen ich eine strenge Disziplin im Selbststudium an den Tag legen musste (20 Stunden pro Woche), weil ich dazu noch zwei Teilzeitjobs hatte. Ich hatte erfahren, dass es da Studien zu den Neurowissenschaften gab, die meine „Schlüsse“, was bei traumatisierten Menschen vorgeht, bestätigten. Ich begann, das „Umfeld“ von Missbrauch näher anzuschauen und fand Möglichkeiten, um Menschen, die in einer solchen Umgebung lebten, herauszuführen. Das half ihnen, ihr Lebensmuster, Opfer zu sein, zu verändern; sie konnten lernen, wie als Überlebende leben und verstehen, wie sie mehr sein können als nur Überlebende: nämlich ein neues Leben zu leben und zu gestalten, und gut zu leben, ohne von der Last der Vergangenheit gehindert zu sein. Ich lernte, auf welche Weise ich mit all diesen Tatsachen umgehen sollte, die heute noch die gleichen sind wie vor 25 Jahren, als ich das Buch schrieb „Schluss mit dem Schweigen“.

 

Anmerkungen:

(1) Um die Privatsphäre des Einzelnen zu wahren, verwende ich mehrere Geschichten von verschiedenen Menschen und baue sie in einer Fallstudie zusammen.

(2) Dr.Bessel van der Kolk: in: “The Body keeps the Score“, 2014 gibt einen hervorragenden Überblick über diese wissenschaftlichen Studien.

(3) Mt 8, 14-18.

Lobe den Herrn, meineSeele, und alles, was in mir ist, seinen heiligen Namen!

%d Bloggern gefällt das: