Meine Geschichte – Kapitel 6

von | Dez 19, 2018 | Meine Geschichte | 0 Kommentare

Kapitel 6: Zurück in den Niederlanden

Wir hatten eine großartige Zeit bei Open Doors. Da ich in einer organisatorischen Führungsposition war, wurde mein Beratungsdienst immer weniger. Ich begann ihn zu vermissen. Als ich mit dem Herrn darüber sprach, war es, als würde ER mir sagen:

„Téo, du musst wählen zwischen dem Manager und dem Berater. Du kannst nicht beides sein, das gibt dir einfach zuviel Macht“.

Nach gründlicher Überlegung gab ich nach. Wil begann in einem psychiatrischen Spital als Krankenschwester zu arbeiten

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 Ich nahm die Beratungsgespräche wieder auf. Bald wurde ich gebeten, Lehrer in einer Schule für Pastorale und missionarische Belange  zu sein. Wir stimmten auf Basis einer Teilzeitbeschäftigung zu. Die übrige Zeit könnte ich Einladungen annehmen, um zu helfen, wo immer man mich wollte und auch meinen Beratungsdienst ausbauen.

1977 wurde mir klar, dass meine Ausbildung in Beratung ungenügend gewesen war. Evangelische Gläubige gingen nicht gern zu einem weltlichen Psychologen oder Psychiater. Ich hatte als Klienten mehrere Überlebende von frühem sexuellen Missbrauch. Ich bemerkte, dass einige Leute zu dieser Zeit in mir so etwas wie einen Psychiater sahen.

Als mir immer speziellere Bedürfnisse begegneten, spürte ich, dass ich mehr Zeit zum Studium verwenden müsste. Meine Ausbildung entsprach nicht der traditionell europäischen theologischen Ausbildung von protestantischer Seite. Meine Ausbildung war stärker an Amerika orientiert, folglich überlegte ich, in die USA auszureisen. Zu diesem Zeitpunkt gab mir ein Freund einen Prospekt vom International Correspondance Institute in Brüssel. Man bot genau das an, was ich brauchte. In den folgenden drei Jahren studierte ich zwanzig Stunden pro Woche, meist früh am Morgen und neben meiner täglichen Arbeit bis spät in die Nacht. Ich liebte das Studium und schloss es 1980 ab und bekam den Bachelor in Bibel und Mission. Damit wurde ich für mein Masterstudium bei Fuller in Pasadena angenommen. Dort begann ich, den missiologischen Zugang zu betrachten, um Überlebende eines Missbrauches zu beraten. Keiner von ihnen hat dieselbe Geschichte . Sie alle entwickeln ihre eigene verworrene kulturelle Sicht auf die Welt und auf sich selbst. Ich entdeckte einige Muster, vor allem aber erkannte ich, dass sie zuerst den Frieden Christi brauchten, ‚weil ihr Körper sich erinnert hat, was geschehen war. Dann könnte das Licht Jesu sie sauberwaschen und ihnen ein neues Empfinden von Reinheit schenken‘.

 

Ich wurde zu müde, um diesen intensiven Zeitplan einzuhalten. Durch eine geheime Spendenaktion meiner Frau konnte ich mehrere Sommer in die USA fahren, um dort ein In-Residence-Studium zu absolvieren. Ich schloss 1987 ab und arbeitete in den Niederlanden und auch international weiter. Viele Jahre schrieb ich eine Kolumne in einer charismatischen Monatsschrift. Ich entwickelte einen pastoralen Ausbildungskurs, „Segnend helfen“, mit dem Ziel, traumatisierte Menschen zu begleiten. Ich wurde immer bekannter als Spezialist in der Hilfe für Überlebende des Kindesmissbrauches. Ein Verein wurde gegründet, der nun den Namen „Zegenend Helpen“ trägt (=Segnend helfen). Die Menschen lernten, den Überlebenden zuzuhören, sie zu begleiten, ihnen Glauben zu schenken und sie zu ermutigen, an den Heilungsprozess zu glauben. Einige von ihnen griffen meine Vision auf, um in den Kursen, die auch ich entwickelt hatte, zu lehren und sie tun es bis zum heutigen Tag.

Jugend mit einer Mission in Norwegen machte eine schwierige Zeit durch und ich wurde eingeladen, dort beim Lehren auszuhelfen und die Leitung in ihrer Aufgabe zu unterstützen. Zehn Jahre lang ging ich ungefähr vier bis sechs Mal pro Jahr zu ihnen für acht bis zehn Tage. Auf diesem Weg lernte ich auch die Lutherische Kirche kennen. Bei einem Abendmahl entdeckte ich, dass ‚Brot und Wein‘ mehr sind als Symbole: Sie stellten für mich die Wirklichkeit des Leibes Christi dar.

Hospital Christian Fellowship (Krankenhaus Christliche Gemeinschaft) lud mich 1988 ein, in Dänemark an einem Wochenende zu lehren.  Dr.Vibeke Möller war dort die Vorsitzende. Sie wurde ganz wütend, als sie mich über sexuellen Missbrauch sprechen hörte. Ich schmunzelte und sagte:

„Vibeke, ich segne deine Wut, sie ist eine wunderbare Kraft. Nütze sie und mach etwas zum sexuellen Missbrauch in Dänemark“.

In dieser Woche legte sie ihr Amt als Lehrende in der Ausbildung von Krankenschwestern im Institut von Arhus nieder und wir beide begannen mit einer Organisation, die Überlebenden des Missbrauches helfen sollte. Ich war in ganz Europa unterwegs, und hatte pastoral orientierte Menschen über das Thema sexuellen Missbrauchs unterrichtet. Einmal diskutierten wir gemeinsam in der Schweiz darüber, ob es besser sei, an einem Ort mit dem Unterricht zu beginnen, indem wir die Leute einladen und eher weniger in Europa herumfahren. Ich schrieb das Buch „Schluss mit dem Schweigen“ auf Englisch, damit es ins Dänische übersetzt werden konnte. Eine einwandfreie Englische Übersetzung folgte auf das „Téo-Englisch“. Darauf  erschien das Buch in Deutsch, Finnisch, Französisch, Niederländisch, auf ägyptischem Arabisch und in Burmanesisch (Myanmar). Es ist auch das theologische/ psychologische Handbuch für unsere Schulen. Unsere erste Unterrichtswoche begann  im Sommer 1992. Inzwischen ist daraus eine Schule mit zwei Stufen  geworden: ISARPAC (1)für Laien, von Hausfrauen bis zu Menschen mit universitärer Bildung, mit viermaliger Intensivwoche an  Ausbildung  im August und ein Wochenende in den Sommerferien  zu den Hausaufgaben und der Supervision im eigenen Land. Die zweite Stufe  IPSICC (2) ist für Menschen, die Psychotherapeuten werden wollen, die in Europa anerkannt sind, innerhalb der Dänischen Organisation für Psychotherapeuten, mit einer Spezialisierung auf Hilfe für Überlebende von Missbrauch. ESARPAC hat nun Tochterschulen in Frankreich, Indien, Ägypten und Myanmar.

 

Mein Dienst in Österreich

 

Eine charismatische Gruppe der katholischen Kirche in Salzburg war sehr offen für die Teilnahme von Evangelikalen. Sie luden mich ein, 1996 daran teilzunehmen. Daraus entstand eine zehnjährige Freundschaft. Ich hatte über „segnend helfen“ gesprochen und wie man schwer traumatisierte Menschen begleiten kann. Am Ende meiner ersten Serie von monatlich fünf  Studientagen war eine hl. Messe vorgesehen. Der Priester, der diese Messe zelebrierte, diskutierte mit mir über seine Anschauung. Ich teilte ihm mit, was Gott mir zehn Jahre zuvor in Norwegen über die Kommunion gezeigt hatte: dass Brot und Wein mehr sind als Symbole.
Er rief aus:

“ Dann glaubst du  (ja) dasselbe wie wir, kannst du mir bei der Messe helfen?“ 

Er zog mir ein liturgisches Gewand über und gab mir eine Aufgabe. Ich erinnere mich noch an den Frieden und an das Wunder  der Anbetung in dieser Eucharistiefeier. Seither habe ich jedes Mal die hl. Messe besucht, wenn ich in Österreich war. Das half mir, alles, was ich an Unsauberem hörte, auf dem Altar zu lassen, und ich konnte von neuem beginnen, ohne zu sehr bedrückt zu sein über die oft schmutzigen Geschichten, die ich am Vortag mitgeteilt bekam.

 

Nachdem ich über 10 Jahre in Österreich gearbeitet hatte, schien mir, dass es Zeit war, noch einmal mein Arbeitsfeld zu wechseln. Es fand eine große Abschiedsfeier statt, an der viele Freunde teilnahmen. Ich hatte noch eine Einladung offen: In St. Pölten gab es das Emmauszentrum (für Menschen am Rand der Gesellschaft). Ich war zu einem Besuch eingeladen. Der Gründer und Leiter Karl Rottenschlager beschloss, diese Gelegenheit dafür zu nützen, dass ich wenigstens einen Tag lang zu den Mitarbeitern sprechen konnte und einen offenen Abend hatte. Das war zu der Zeit, als das Priesterseminar von St. Pölten vom neu bestellten Bischof Klaus Küng geschlossen worden war, nachdem man Tausende Fotos von missbrauchten Kindern auf Computern zu den vielen für ein Priesterseminar ungeziemenden Bildern gefunden hatte. Das Thema war „heiß“. Über vierzig Personen wollten noch eine Ausbildung von mir. Marlis Resch, eine Sozialarbeiterin, fühlte sich berufen, den Kurs  zu organisieren. Ich hatte vor, mein Weggehen aus Österreich um ein halbes Jahr zu verschieben. Ich hatte nur eine Bitte: Ich wollte, dass Bischof Klaus Küng voll hinter mir steht. Er hatte zu dieser Zeit mein Buch erhalten und er gab mir volle Unterstützung und einen sehr berührenden persönlichen Segen.

 

Seitdem habe ich die Diözese nicht mehr verlassen. Mit mindestens zwei Kursen schließlich pro Jahr, mit einem im Frühling und einem im Herbst, zu den anderen Kursen in Österreich und in Deutschland, waren Marlis Resch und ich sehr beschäftigt. Marlis war meine engste Co-Workerin und als inzwischen pensionierte Sozialarbeiterin Beraterin und beglaubigte Supervisorin.

 

 

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1 Internationale Schule für Pastorale Beratung im Blick auf (sexuellen) Missbrauch (ESARPAC.org)

2 Internationale Psychiatrische Schule in Christlichem Umfeld (=?) (IPSICC.org)

Lobe den Herrn, meineSeele, und alles, was in mir ist, seinen heiligen Namen!

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